Verkehrswende oder Denkwände

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Ex Two im Umweltverbund

Ein Leser meines Blogs schrieb mir dieser Tage wieder eine Mail. Darin wies er auf einen Punkt hin, der seiner Meinung nach nicht bedacht wird bei den Forderern einer Verkehrswende, also der Abkehr vom PKW wo immer möglich. Seiner Meinung nach wird dadurch der ärmere Teil der Gesellschaft, gerade in Gegenden mit schlecht ausgebautem ÖPNV, unangemessen benachteiligt. Diese Menschen können sich kein neues Auto leisten, können aber mit ihrem Auto in immer weniger Gebiete fahren.

Meine Meinung ist dagegen anders. Natürlich gehört der ÖPNV ausgebaut. Auch und gerade in Gegenden, in denen es höchstens eine Busverbindung pro Tag für die Schüler oder noch weniger gibt. Wie soll denn der ÖPNV attraktiv sein, wenn nichts fährt? Auf WLAN in Bahn und Bus lässt sich dagegen verzichten.

Daneben gibt es immer noch das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Abgase und Gefährdung durch Autos müssen nicht mehr unwidersprochen hingenommen werden.

Also zwei Standpunkte, die nicht zusammen passen. Oder doch? Vielleicht fällt jemand etwas ein, oder hat einen Hinweis auf einen Text eines schlauen Menschen? Oder mag sich einfach dazu äußern, wie er es sieht?

2 Kommentare zu „Verkehrswende oder Denkwände

  1. Dann sollte man vielleicht halt auch den 1. Schritt (Ausbau des ÖPNV) vor dem 2. (Verdammung des Pkw) machen…!? Aber selbst dann wird ein starres System wie der ÖPNV grade in ländlicheren Bereichen nie eine wirkliche Lösung sein, denn die strukturellen Defizite bleiben bestehen. Finanzieren will sowas eh keiner, da die Steuern vor allem auf Unternehmensgewinne und Vermögen ja quasi auf Null reduziert wurden. Durch die neoliberale Zerschlagung der Bundesbahn wurde das Schienennetz in Deutschland auch stark beschnitten, viele Strecken wurden stillgelegt und in vielen Gegenden gibt es auch gar keine Bahnhöfe, als auch keinen Güterverkehr mehr. Und selbst die Elektrifizierung der verbliebenen Strecken kommt weiterhin so gut wie gar nicht voran. Dort dieseln wohl in 20 Jahren immer noch Loks und Triebwagen durch die Gegend…

    Ich hasse (als Radfahrer) den ÖPNV, weil er für mich die Verkörperung des Gegenteils von Flexibilität darstellt! Ich bin mit dem Rad auf den allermeisten Relationen schneller, als wenn ich mit dem Bus fahren würde. Von den hohen Fahrpreisen mal ganz abgesehen… Auch die Bahn taugt hier in der weitestgehend abgehängten Provinz rein gar nichts.

    Und ich sehe es halt so, dass ich von allen Möglichkeiten, die bestehen, den Kfz-Verkehr einzudämmen, das Drehen an der Preisschraube (vor allem durch Verbrauchssteuern oder Gebühren) für die unsozialste und somit ungerechteste aller Möglichkeiten betrachte! Wenn man feststellt, dass Kfz-Verkehr schädlich ist, dann sollte man ihn allen gleichermaßen verbieten! Anstatt schädliches Verhalten zum Privileg wohlhabender Menschen zu machen. Am Montag kaufte ich mal wieder was ein; vor mir in der Reihe stand ein älterer Rollstuhlfahrer. Als ich draußen auf dem Parkplatz war, sah ich dann, wie er völlig selbständig in sein Auto einstieg. Der (mit seiner sicher nicht grandiosen Invalidenrente) würde es sicher auch begrüßen, das Autofahren weiter künstlich zu verteuern.

    Dass das mit dem Geldbeutel nix bringt, zeigt ja auch die Tatsache, dass einige Karren immer dicker werden. Und grade die mit den teuersten Fabrikaten verhalten sich nach meinen Beobachtungen oft am asozialsten, weil die Bußgelder gemessen am Einkommen nicht wirklich weh tun.

    Sozialpolitisch gilt zudem das Dogma „Hauptsache Arbeit“. Das führt dazu, dass von Menschen (unter Androhung der Totalsanktion) gefordert wird, sich für Jobs zu bewerben, bei denen man tagtäglich enorme Wegstrecken zurücklegen müsste. Dass dies unsinnig und pervers sei – davon lese ich bei derartigen Diskussionen nie etwas. Da würde man ja mal ausnahmsweise nicht nur Symptome (Verkehrsprobleme) eines durchweg kranken Gesellschaftssystems bejammern.

    Und: Wenn einen der giftige Gestank in einer übervölkerten Metropole so sehr nervt, kann man doch auch aufs Land ziehen? Warum wird grade eins der Hauptprobleme in Sachen Verkehr: unmenschliche Bevölkerungsdichten – auch weiterhin nicht infrage gestellt…!? Die ganzen Leute, die ständig nach einer „Verkehrswende“ rufen, sitzen nach meinen Beobachtungen fast ausnahmslos in Großstädten. Eine besondere Form von „Betriebsblindheit“?

    Dann würde dem aufs „Land“ Gezogenen vielleicht auch auffallen, warum man dort infrastrukturell aufgeschmissen ist. Denn spätestens seit der neoliberalen Wende gibt es dort keine Ämter, keine Post, keinen Metzger, keinen Bäcker, keine Bank, keine Kneipe, kein Kino, keine Kultur, keinen Arzt, keinen Lebensmittelladen, keine „Arbeitsplätze“ mehr – und auch sonst nix, was man in der Stadt gewohnt ist. Nein, dann steigt man lieber in der großen Stadt (überlegen – oder auch etwas überheblich) aufs (edle) Rad, genießt alle Vorteile (in Sachen Infrastruktur), aber kuckt verächtlich auf die, die (noch) mit dem Auto fahren und so dessen „Lebensqualität“ beeinträchtigen… Man kann halt nicht immer alles haben!

    Und wundert sich, warum einem keine Welle der Sympathie entgegenbrandet…!? 😉

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  2. In dünn besiedelten Gebieten ist ÖPNV unökologisch, weil es an potenziellen Fahrgästen fehlt, damit Busse ökologischer sind als Privat-PKW im Verbrauch je P-km. Die Busse belasten die Straßen deutlich mehr als leichtere PKW.

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